Das Wahrsagen ist immer mit einem Blick in die Zukunft verbunden. Wer in die Zukunft blicken kann, der wird auch in der Lage sein zu erkennen, was es dort gibt. Menschen, die das sehen - warum kann ich das nicht sehen? - und davon berichten können, beherrschen das Wahrsagen. Sollte jemand mit der Fähigkeit ausgestattet sein, das Wahrsagen zu beherrschen und trotzdem die Unwahrheit darüber verbreiten, dann würde es sich um einen ungeheuerlichen Betrug an den Mitmenschen handeln, die dem Wahrsagen vertrauen, die aber
das Wahrsagen nicht beherrschen und geradezu darauf angewiesen sind, dass man sie durch das Wahrsagen eben nicht betrügt. Wie sonst, so frage sich der interessierte Mensch, welcher in die Zukunft blicken möchte, könnte man dem Wahrsagen sonst vertrauen?
An das Wahrsagen muss man glauben. Wissenschaftliche Anerkennung wird dem Wahrsagen schon seit langer Zeit verwehrt. Der Autor und Wissenschaftler Georges Minois erwähnt 1998 in seinem Buch zur "Geschichte der Zukunft", dass bereits seit dem 18. Jahrhundert das Wahrsagen nicht mehr Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen ist. Er weist sogar darauf hin, dass Kirchen, dass allgemein in der Theologie das Wahrsagen heute dem Aberglauben zugerechnet werden muss.
Vertreter der Skeptikerbewegung überprüften das Wahrsagen und behaupten sogar über
dessen Aussagen, dass sich angebliche Fähigkeiten zum Wahrsagen bisher in jeder
Untersuchung als Täuschung oder sogar als Selbsttäuschung entpuppt hatte.
Von theologischer Seite wird sogar postuliert, das Wahrsagen sei mit dem christlichen Glauben unvereinbar.
Trotzdem sagen zahlreiche Menschen aus, dass die Erlebnisse nach dem Wahrsagen immer
Wieder mit den Informationen aus dem Wahrsagen übereinstimmen - es muss folglich im Wahrsagen tatsächlich etwas Wahres, etwas ernst zu nehmendes Liegen. Wie kann das sein?
Für die Zukunft muss es einen Schlüssel geben. Das Wahrsagen wird helfen, sich auf die Zukunft vor zu bereiten. Jeder Einzelne kann versuchen, sich durch das Wahrsagen in der eigenen Zukunft zurecht zu finden.
Nach Minois basiert der Erfolg mit dem Wahrsagen u. a. auf dessen sozialer Funktion. In Europa sind 25 verschiedene Methoden gang und gäbe, um damit das Wahrsagen zu betreiben: von der Kristallkugel bis zum Kaffeesatz, von der Geomantie bis zur Numerologie, von
der Chiromantie bis zur Kartomantie. Der Glaube an das Wahrsagen kann durch keinen Fehlschlag erschüttert werden. Kein Beweis für die Inkohärenz und Absurdität der Methoden, mit welchen das Wahrsagen betrieben werden soll, können dazu führen, das Vertrauen eines überraschend großen Teils der Bevölkerung in das Wahrsagen zu erschüttern.
Es muss folglich etwas Wahres am Wahrsagen dran sein. Tatsächlich sollte man manchmal auch ganz unwissenschaftlich an schwierige Themen herangehen dürfen. Und beim Wahrsagen mag schon die erste wissenschaftliche Frage kaum zu beantworten: kann der Mensch überhaupt in die Zukunft sehen?
Beim Wahrsagen wird auch die nächste Frage kaum wissenschaftlich zu beantworten sein: Ist unser Leben vorherbestimmt?
Spätestens jetzt, etwas mit Blick auf das 'Schicksal' muss jedem Menschen klar sein, dass es Möglichkeiten
für das Wahrsagen geben kann, dass es Gründe geben kann, dem Wahrsagen zu glauben, sogar dafür, dem Wahrsagen zu vertrauen.
Der Umstand, dass man selbst das
Wahrsagen selten beherrscht, dass man folglich immer auf Andere angewiesen sein muss, mag eine "soziale Funktion" erfüllen - dem Wahrsagen selbst bleibt die Glaubwürdigkeit dadurch gewiss erhalten...