Der Sage nach ließ der Göttervater Zeus zwei Adler das Orakel suchen. Einer der Orakel - Vögel flog von Osten nach Westen, der andere Adler konnte von West nach Ost fliegen. Getroffen haben sich die beiden Adler dann genau über dem Orakel - am Fuße des Parnass in Delphi. Das Kartenlegen als Orakel gab es zu der Zeit nur in Ägypten.
Dort am Orakel bemerkte Koretas, der Ziegenhirte, ein merkwürdiges Verhalten seiner Tiere. Als er seine Ziegen genauer beobachtete, fand er das Orakel: ein Spalt in der Erde, aus dem ein unerklärlicher Luftstrom empor quoll. Ohne zu wissen, dass es sich bei diesem Luftstrom um ein Orakel handeln konnte, staunte er, als in dem Moment, in welchem er sich über den Spalt beugte, er selbst plötzlich begann, mit fremden Stimmen zu sprechen - das Orakel war gefunden.
Natürlich erzählte Koretas das am Orakel Erlebte weiter. Die neugierig gewordenen Mitmenschen weihten daraufhin die heilige Stätte des Orakels der Erdmutter Gaia. Doch nun mussten sie erleben, wie Einer nach dem Anderen verschwand - alle mutigen Zeitgenossen, welche sich für das Orakel interessiert hatten, waren spurlos verschwunden. Keiner fand sie jemals wieder - weder am Orakel noch hat niemand sie jemals wieder gesehen.
Schließlich wurde für das Orakel bestimmt: nur Frauen dürften den Dienst am Erdloch, dem Orakel verrichten, nämlich die Priesterinnen, welche als die Pythien des Orakel bezeichnet wurden.
Den Namen hatten die Priesterinnen von einem Ungeheuer, dem weiblichen Lindwurm erhalten. Der weibliche Wurm wurde 'die Phyton' genannt � sie lebte in einer Höhle neben dem Orakel, bis sie vom Gott Apollon erschlagen wurde. Nun triumphierte Apollon über das Orakel und fortan triumphierte auch das Männliche über das Weibliche.
Das Orakel richtete sich aber nicht nach den neuen Machtverhältnissen und veränderte die eigenen Eigenschaften nicht. Auch weiterhin gab das Orakel nur den Pythien seine Orakel - Geheimnisse zu verstehen. Nur den Priesterinnen erlaubte das Orakel mit den Auswirkungen des geheimnisvollen Luftstroms das Wahrsagen - über das Orakel gebeugt blieben nur die Pythien zum Weissagen fähig. Deshalb wurden die Worte der Pythien von den männlichen Oberpriestern des Orakel verkündet. Die Pythia selbst wurde auf diese Weise lediglich zum Medium � ohne Machtposition durch das Orakel. Sie durfte zwar als einzige Frau den Tempel betreten, ansonsten blieb der Kult aber ausschließlich den männlichen Priestern und Gläubigen vorbehalten. Um dann zu verhindern, dass erneut Menschen bei einer Frage an das Orakel auf merkwürdige Weise verschwinden könnten, brachten zukünftig alle Besucher dem Orakel bereits geschlachtete Tiere mit. So übergab man dem Orakel ein Opfer... und wendeten damit mögliche weitergehende Forderung des Orakel erfolgreich ab.
Zu Beginn des Orakel - Kultes übten auch junge Mädchen das Amt einer Pythia aus. Jedoch, nach Übergriffen durch Pilger wurden nur noch reife, über 50jährige Frauen als Pythien am Orakel zugelassen. Die Pythien wurden für das Orakel nicht besonders auserwählt - es waren einfache Frauen aus der Stadt Delphi, die den Dienst beim Orakel verrichteten. Sie mussten jungfräulich bleiben. Sie weissagten an jedem 7.Tages des Monats am Orakel. An stark frequentierten Tagen arbeiteten mehrere der Priesterinnen im Schichtdienst.
Dabei saßen sie über dem Orakel auf einem kegelförmigen Stein mit einer Öffnung, aus der die betäubenden Dämpfe der aus der Erdspalte entspringenden Quelle entwichen. Wahrscheinlich bestanden die Dämpfe am Orakel aus einem Gasgemisch aus Ethylen und Methan. Die Pythien am Orakel wurden dadurch in Trance versetzt. So waren sie zu Seherinnen am Orakel geworden, deren Worte man gerne Glauben schenkte - das weltberühmte Orakel von Delphi.